Freie Bürger Wertheim - vor Ort in Reichlzheim - keine Lösung für die ehemalige Winzergenossenschaft in Sicht

Mehrere Ortschaftsräte, darunter Ortsvorsteher Sebastian Sturm, nahmen am Dienstag gemeinsam mit den Kandidatinnen und Kandidaten der Freien Bürger, sowie Bürgerinnen und Bürgern an einem Rundgang durch Reicholzheim teil.

Vor dem Start an der Turn- und Festhalle wieß FBW-Vorsitzender Marcus Götz zunächst auf das Procedere bei der Wahl zum Kreistag hin. Die Freien Bürger Wertheim treten dort, wie schon in der Vergangenheit, nicht mit einer eigenen Liste an. Stattdessen hat man sich mit den meisten unabhängigen Wählergemeinschaften zu einer gemeinsamen Liste unter dem Namen „Freie Wähler“ zusammengeschlossen. Hiervon verspricht man sich, für die Kandidaten der unabhängigen Listen eine größere Anzahl an Sitzen im Kreistag zu erringen. Insbesondere die aktulle Entwicklung um das Wertheimer Krankenhaus zeige, so Götz weiter, dass Wertheim mit einer starken Stimme im Kreistag vertreten sein müsse.

Die Kandidatinnen und Kandidaten erläuterten ihre Schwerpunkte für die künftige Gemeinderatsarbeit. So hob der Reicholzheimer Kandidat Carsten Schmidt die Notwendigkeit eines verbesserten Nahverkehrs hervor. Die Stärkung des Vereinsleben liege ihm ganz besonders am Herzen. Auch Thomas Klein betonte, sich für die Weiterentwicklung der Ortschaften und deren Infrastruktur einsetzen zu wollen. Carsten Kempf fokussierte sich besonders auf die Jugendarbeit. Die jungen Menschen sollten Lust haben, in Wertheim zu bleiben.

Beim Beginn des Rundgangs kam erneut die Sprache auf die Gesundheits- und Notfallversorung. Wie Sebastian Sturm erläuterte sei man froh, in Reicholzheim über den letzten Hausarzt außerhalb von Stadt und Stadtteilen zu verfügen. Eine ausreichende Gesundheitsinfrakstruktur sei auch wichtig für Neubürger bei ihrer Entscheidung, wo sie sich niederlassen.

Ortschaftsrat Markus Hüblein brachte ein Modell des Neckar-Odenwald-Kreises in die Diskussion ein. Dort würden Medinzinstudenten finanziell vom Kreis gefördert, wenn diese sich verpflichten nach ihrem Studium eine Hausarztstelle im Kreis zu wählen. Manfred Busch sagte daraufhin zu, diese Anregung aufzugreifen und sich mit diesem Modell und den damit verbundenen finanziellen und vertraglichen Punkten näher zu beschäftigten.

Der erste Stopp erfolgte am Kindergarten. Dieser ist mit 55 Plätzen bis in das Jahr 2025/26 komplett belegt. Auch für die Kleinkindbetreuung stünden derzeit keine Plätze zur Verfügung. Man sei daher mit der Stadt bezüglich der notwendigen Erweiterung im Gespräch. Planungskosten seien bereits eingestellt. Bis zu einer Realisierung würde jedoch noch einige Zeit ins Land gehen. Kritisch hinterfragt wurde in diesem Zusammenhang die Vorgehensweise der Stadt bei der Ausweisung von Neubaugebieten. Eigentlich solle bei der Erschließung von Baugebieten die damit einhergehende Zunahme an Kindern in den Ortschaften immer gleich mitgedacht werden. Die Schaffung von Betreuungsplätzen erfolge aber immer erst mit Zeitverzug und damit für viele Kinder und Eltern zu spät.

Im Hinblick auf die zahlreichen Leerstände in der Ortschaft wünscht sich der Ortschaftsrat die Ausweisung eines Sanierungsgebiets analog Kembach oder Dertingen. Die Förderung müsse aber über reine steuerliche Anreize hinausgehen. Die Gründe für die Leerstände seien vielfältig. Baukosten und Bauvorschriften machten den Eigentümern die Investitionsentscheidung aber nicht nicht einfach. Hierbei könne ein Sanierungsprogramm helfen.

Die größten Sorgen hinsichtlich der Leerstände machten derzeit die früher von der Winzergenossenschaft genutzten Gebäude. Aktuell gebe es keine Perspektive und auch keine durchschlagende Idee für eine Folgenutzung. Hier etwas neues zu entwickeln sei, so Markus Hüblein, die große Aufgabe des Ortschaftsrates für die nächsten fünf Jahre. Alle bisherigen Ideen seien entweder nicht praktikabel oder nicht finanzierbar gewesen. Ausserdem sei man immer auch auf das Entgegenkommen der Winzergenossenschaft angewiesen.

Letzte Station des Rundgangs war der Mitte April eröffnete Nahversorger „Tante-M“. Die Stadt habe in das städtische Gebäude 50.000 Euro für den Umbau investiert. Zusätzlich wurden 15.000 Euro für die barrierefreie Erschließung bereitgestellt. Die ersten vier Wochen seien für die Betreiberin besser gelaufen, als ursprünlich erwartet. Es müsse sich nun zeigen, ob das Konzept auch nach der Anlaufphase und in den Wintermonaten weiterhin gut angenommen werde. Auch die Poststelle sei mittlerweile stundenweise besetzt. Der „Tante-M“ sei letztlich ein „begehbarer Automat“, so Sturm. Aus diesem Grund gelten hier auch die üblichen Ladenöffnungszeiten nicht. So können die Kunden an sieben Tagen in der Woche von 5 Uhr bis 23 Uhr überwiegende Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs einkaufen.

Über Reicholzheim hinaus ging die Frage eines Bürgers, weshalb in Wertheim keine Beteiligungsmodelle für Windkraft- oder Freiflächen-PV-Anlagen angeboten werden würden. In anderen Kommunen seien dies mittlerweile Erfolgsmodelle, mit denen auch die Akzeptanz aus der Bürgerschaft deutlich erhöht werden könne. Manche Stadtwerke würden auch für die von Windkraftanlagen betroffenen Bürger vergünstige Stromtarife anbiete. Er bedauerte, dass von den Wertheimer Stadtwerken in dieser Richtung nichts komme.