Freie Bürger Wertheim informierten sich bei Polizei
Zu einem intensiven Informationsgespräch trafen sich Mitglieder der Freien Bürger Wertheim am Dienstag dieser Woche auf dem Wertheimer Polizeirevier.
Wie der Vorsitzende Marcus Götz zu Beginn erläuterte, war die Diskussion über die geplante Polizeistrukturreform sowie die drohende Schließung der Akademie der Polizei Auslöser für den Besuch. Daneben wolle man sich ein Bild von der Arbeit und den Problemen der Wertheimer Polizei machen.
Der Leiter des Wertheimer Reviers, Albrecht Bausback, zeigte sich über das große Interesse der FBW-Mitglieder sehr erfreut und betonte, dass man Wert auf eine aktive Öffentlichkeitsarbeit und einen stets guten Kontakt zu den Wertheimer Bürgerinnen und Bürger lege.
Für das Sicherheitsgefühl der Bürger sei es immens wichtig, stets Präsenz zu zeigen und mit ausreichend Streifen rund um die Uhr auf der Straße zu sein.
Hauptproblem für die Wertheimer Polizei sei, wie fast in ganz Baden-Württemberg, die zu dünne Personaldecke. Der Soll-Personalstand von 48 Beamten werde schon länger nicht mehr erreicht. Derzeit seien nur 42 Stellen besetzt. Da wegen Krankheit oder Urlaub auch immer wieder Beamte fehlen, sei es eine Herausforderung die fünf für den Schichtdienst notwendigen Einsatzgruppen stets in ausreichender Personalstärke vorhalten zu können. Dazu komme, dass die große Fläche für die die Wertheimer Polizei zuständig ist, und die von Freudenberg bis Külsheim reicht, nur mit entsprechender Personaldecke durch die Streifen abgedeckt werden könne. Man dürfe dabei auch nicht übersehen, das die Polizei Wertheim auch in Bayern Aushelfe. Pro Jahr würden bis zu 100 Einsätze für die bayerischen Kollegen übernommen. Hinzu komme noch die Autobahn und auch die Wasserstraße „Main“ sorge immer wieder für Einsätze. Insgesamt sei die Einsatzzahl in den letzten Jahren aber relativ konstant.
Mit Stolz verwies Bausback darauf, dass dennoch immer mindestens zwei Streifen in Wertheim unterwegs seien. Dies sei, gerade auch mit Blick auf die Polizei in Marktheidenfeld, keine Selbstverständlichkeit.
Belastet wurden die Wertheimer zusätzlich durch zwölf Einsätze im Rahmen der Stuttgart21-Demonstrationen. Die hierbei anfallenden Überstunden müssten irgendwann wieder abgebaut werden, was zu Lasten der Kollegen gehe.
Unterschätzt werde von den Bürgern oft das breite Spektrum der Aufgaben, die die Polizei wahrnehme. Rund 90% aller Delikte werden direkt von den Beamten vor Ort bearbeitet. Nur bei schwerwiegenden Fällen werde die Kriminalpolizei aus Tauberbischofsheim hinzugezogen. Das Revier verfüge hierfür auch über eine umfangreiche und technisch anspruchsvolle Ausstattung.
In einer ausführlichen Präsentation zeigte Bausback die Organisationsstruktur des Reviers, erläuterte die vielfältigen Aufgaben der Polizei vor Ort und berichtete von einigen „Highlights“ der letzten Jahre.
Auch die Einsatzstatistik für die einzelnen Wertheimer Stadt- und Ortsteile wurde intensiv durchgesprochen. Man zeigte sich erleichtert, dass der frühere Kriminalitätsschwerpunkt Wartberg inzwischen nicht mehr schlechter dastehe als andere Stadtteile. Besorgniserregend seien jedoch die weiter steigenden Einsatzzahlen im Bereich des Autohofs und am Wertheim Village.
Durch die geplante Strukturreform der baden-württembergischen Polizei würden die Reviere vor Ort eher gestärkt, so Bausback. Allerdings seien die ein bis zwei zusätzlichen Beamten nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Soll-Personalstärke werde auch dann noch nicht erreicht. Dazu komme das hohe Durchschnittsalter der Beamten. Naturgemäß sei man im Alter nicht mehr so belastbar und falle auch durch Krankheit häufiger aus. Leider habe die letzte Landesregierung die Zahl der jährlichen Neueinstellungen über Jahre deutlich reduziert, so dass hier nun eine Lücke entstehe. Die grün/rote Regierung habe in diesem Jahr immerhin die Zahl der neuen Polizisten deutlich erhöht.
Erfolgreich sei die Reform nur dann, wenn hierdurch mindestens 1000 zusätzliche Beamte vor allem für den Streifendienst zur Verfügung stünden. Wie dies durch die Reduzierung der Beamte in den bislang 37 Polizeidirektionen gehen solle, sei ihm nicht klar; schließlich könne man die dort bislang beschäftigen Beamten nicht ohne weiteres einfach in den Streifendienst versetzen.
Klar sei, dass die Verringerung auf voraussichtlich 12 Polizeipräsidien zu Lasten der Flexbibilität gehe. Auch sei die Ortskenntnis der Kollegen aus Tauberbischofsheim ein großer Vorteil gegenüber den Beamten, die dann wohl aus Heilbronn anfahren müssten. Der damit verbundene Zeitaufwand- und Verlust sei ein weiteres Problem der angedachten Konzentration der Präsidien.
Wie FBW-Gemeinderat Johann Vogeltanz berichtete, traf er sich in der vergangenen Woche mit dem Landtagsabgeordneten Dr. Schmidt-Eisenlohr (Grüne) in Stuttgart. Hierbei wurden Schmidt-Eisenlohr nochmals die Vorteile des Standorts Wertheim für die Akademie der Polizei dargestellt. Vogeltanz war überzeugt, dass die Wertheimer Delegation ein gutes Bild abgegeben habe und zeigte sich verhalten optimistisch was den Fortbestand der Einrichtung in Wertheim angeht. An der Konzentration der Polizeidirektionen sei aber wohl nicht zu rütteln. Nachdem bereits die ehemalige schwarz/gelbe Regierung ein ähnliches Konzept zehn Jahre in der Schublade gehabt habe, werde dies nun sicherlich umgesetzt.
Vogeltanz übergab bei dieser Gelegenheit auch eine Dokumentation zur Problematik der Landesstraße 2310 im Bereich des Tremhofs, da die Entschärfung dieses Unfallschwerpunkts aufgrund der Sparmaßnahmen beim Ausbau der Landesstraßen nun erneut auf die lange Bank geschoben werden soll.